. . . damit der Innovationszug nicht vorbei fährt.

Meist ist es nicht die eine zufällige und großartige Idee eines Mitarbeiters, die einen Innovationsprozess zündet. Vielmehr beginnt ein Innovationsprozess oft durch eine Irritation von außen. Die Irritation kann eine Verschärfung des Wettbewerbs durch eine zunehmende internationale Vernetzung oder eine Häufung von Kundenreklamationen sein. Weitere Impulse sind die immer individuelleren Kundenwünsche oder technische Neuerungen und Entwicklungen.

Doch nicht nur Marktveränderungen auch gesellschaftliche Veränderungen initiieren Innovationen. Organisationen – was immer bedeutet Menschen in Organisationen – müssen auf staatliche Forderungen wie Umweltauflagen, auf soziale Entwicklungen, wie den demografischen Wandel und auf ökologische Notwendigkeiten, wie Ressourceneffizienz mit neuen oder verbesserten Produkten und Dienstleistungen reagieren.

Der Beginn einer Innovation ist wie das Entstehen eines Kristallisationskeims ein sensibler Prozess. Wir werden mit dem folgenden Zitat von Dewey1 sehen, warum ein Impuls für eine Innovation bereits im Keim erstickt wird.

„Es ist bekanntlich möglich, unermüdlich Fakten und Beobachtungen zu sammeln, ohne dass diese irgendwohin führen. Andererseits, können Beobachtungen und Untersuchungen derartig stark durch ein vorgefasstes Konzept geprägt sein, dass Entscheidendes übersehen wird, das zur Lösung des Problems beitragen könnte.“

Irritationen müssen als solche wahrgenommen werden. Doch zuerst liegen nur „Fakten und Beobachtungen vor“. „Diese können unermüdlich gesammelt werden, ohne dass sie zu irgendetwas führen“.  Sie werden erst dann zu einem Impuls für eine Innovation, wenn mindestens ein Mitarbeiter erkennt, dass sie ein Zeichen für eine Veränderung sind (und sich Gehör verschaffen kann).

Für diese besondere Art des Zuhörens haben wir in unserer Sprache treffende Beschreibungen: „Das Ohr am Puls der Zeit haben.“ Oder: „Das Gras wachsen hören.“

Doch worin besteht diese Zuhör-Fähigkeit? Hier möchte ich den zweiten Teil des Dewey-Zitats1 anbringen:

„Der Weg, der einzige Weg, um diesen beiden Übeln zu entkommen, ist eine Sensibilität für die Qualität der Gesamtsituation. In gewöhnlichen Worten, ein Problem muss gefühlt sein, bevor es artikuliert werden kann.“

Nicht nur Unternehmenslenker und Marktstrategen, sondern jeder Mitarbeiter einer Unternehmung sollten diese Fähigkeit haben. Denn die Bandbreite der „Rezeptoren“ spielt hier eine Rolle. Diversität erhöht das Potenzial Irritationen aufzunehmen. Je unterschiedlicher die Lauscher gestrickt sind, desto größer ist die Chance, dass blinde Flecke Einzelner verhindern, die Zeichen der organisationalen Umgebung als Veränderungsimpulse zu erkennen.

Wie die „Sensibilität für die Qualität der Gesamtsituation“ verbessert oder gar erlernt werden kann, werde ich in einen nächsten Beitrag beschreiben.

1John Dewey, The Theory of Inquiry, New York 1938 (70). Übersetzung: Donata Schoeller

 


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